Berichte aus einem Totenhaus
Libyen. Neue Berichte
über horrende Zustände in den Migrantengefängnissen und die desolate
Menschenrechtslage werfen ein Schlaglicht auf das Versagen der libyschen
Regierungen.
Andrew Gilmour, stellvertretender Generalsekretär für
Menschenrechte und Hoher Kommissar für Menschenrechte der Vereinten Nationen,
stellte den Bericht über Folter und Misshandlungen von Flüchtlingen in Libyen
dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen in Genf vor.
In dem Bericht heißt es, dass Migranten ab dem Moment, da
sie libyschen Boden betreten, unvorstellbaren Grausamkeiten ausgesetzt sind.
Gilmour sagte, dass die Berichte von Flüchtlingen, die nach ihrer Befreiung in
Libyen in den Niger kamen, zu den erschütterndsten Schilderungen, die er jemals
gehört hat, zählen.
„Jeder, egal ob Frau, Mann, Junge oder Mädchen, alle wurden
vergewaltigt, viele mehrmals, und mit Elektroschocks gefoltert.“ Alle sagten,
sie seien gezwungen worden, ihre Familie anzurufen. Die Angehörigen hätten dann
ihre Schmerzensschreie anhören müssen und es wurde ihnen gesagt, wenn sie kein
Lösegeld zahlen, wird weiter gefoltert. Die Täter sind Schmuggler,
Menschenhändler, libysche Staatsbeamte und Mitglieder von Milizen.
Die europäischen Länder arbeiteten inzwischen mit der
libyschen Küstenwache zusammen, damit die Menschen Europa nicht erreichen
könnten, sondern die Schiffe bereits vor der libyschen Küste abgefangen werden.
Gilmour warnte jedoch davor, die Migranten und Flüchtlinge in libysche Haftlager
zurückbringen zu lassen, da sie dort gefoltert werden und anderen
Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind. Er forderte nicht nur ein Ende für
Beschränkungen der Seenotrettung, sondern auch von der EU, die Unterstützung
der libyschen Küstenwache einzustellen.
In Libyen inhaftierte Migranten würden entweder in
offiziellen Gefängnissen oder in inoffiziellen Migrantenlagern, die von Milizen
oder Menschenhändlern kontrolliert werden, untergebracht, wo sie schwerste
Misshandlungen und Menschenrechtsverletzungen erleiden müssten.
Human-Rights-Watch
(HRW) bedauerte in einem Bericht vom 21. März, dass die
Menschenrechtsverletzungen in Libyen nur unter Punkt 10 der Generaldebatte der
Vereinten Nationen abgehandelt werden, anstatt dass diesen
Menschenrechtsverletzungen eine eigene Aussprache zugestanden wird.
Seit der letzten Resolution des Menschenrechtsrats habe sich
in Libyen nichts geändert. Bewaffnete Gruppen, die auch den beiden libyschen
Regierungen angehörten, griffen weiterhin Zivilisten an und verhinderten die
Rückkehr Vertriebener in ihre angestammten Wohngebiete. Menschen würden
entführt, gefoltert und verschwänden einfach.
Besonders kritisiert wurden auch die Beschränkungen, die die
von der UN anerkannte ‚Einheitsregierung‘ in Tripolis ausländischen Medien
auferlegt. Auch würden Justizverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt.
Tausende von Gefangenen würden über Jahre und in vielen Fällen ohne Anklage in
Gefängnissen festgehalten. Auch HRW prangert die verheerenden Zustände in den
libyschen Migrantengefängnissen an.
HRW resümierte: „Wie können wir in diesem Umfeld sinnvoll
über technische Hilfen und Kapazitätsaufbau sprechen, wenn es keine ernsthafte
Überwachung, keine öffentliche Berichterstattung, keine Verantwortlichkeiten gibt?
Für das vierte Jahr in Folge haben die hier verabschiedeten Resolution nichts
mit den tatsächlichen Erfordernissen vor Ort zu tun.“
HRW forderte erneut einen Sonderberichterstatter für Libyen
einzusetzen.
Auch Ärzte ohne
Grenzen kritisiert die Bedingungen, denen Migranten in Libyen ausgesetzt
sind. Viele von ihnen seien unterernährt. In der Haftanstalt Sabaa in Tripolis
sollen mehr als 300 Personen, darunter 100 Kinder, festgehalten werden. Vor
allem die Kinder litten an Unterernährung. Manche Migranten erhielten nur alle
paar Tage eine Mahlzeit, Neuankömmlinge die erste Mahlzeit erst nach vier
Tagen. „Was wir heute in dieser einen Haftanstalt sehen, ist symptomatisch für
ein ungerechtes und rücksichtsloses System, das keinerlei Kontrollen unterliegt
und Migranten in Lebensgefahr.“
Die libyschen Behörden wurden aufgefordert, die in Sabaa
inhaftierten Personen, von denen fast die Hälfte seit über sechs Monaten
gefangen gehalten wird, freizulassen.
A. Gutsche
https://thelibyanreport.com/un-horrors-await-migrants-in-libyan-detention-centers/?ref=facebookBot
https://www.libyanexpress.com/human-rights-watch-un-rights-council-should-establish-libya-mechanism/
https://www.libyanexpress.com/msf-says-illegal-migrants-in-libya-detention-suffer-from-malnutrition/
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