Kämpfe im Süden Libyens
Libyen/Sebha/Murzuk. Luftraum über Südlibyen geschlossen.
Die LNA unter General Hafter gibt bekannt, dass sie die Kontrolle über das
wichtige Sharara-Ölfeld übernommen hat.
Mitte Januar hatte die im Osten stationierte Nationalarmee
(LNA) den Beginn einer umfassenden Militäroperation gegen Terrorismus und
Kriminalität im Süden des Landes angekündigt: „Als Reaktion auf den Aufruf
unseres Volkes im Süden, das unter allen Arten von Terrorismus und Verbrechen
leidet, erteilte der Oberbefehlshaber der Streitkräfte Khalifa Haftar den
Befehl, eine umfassende militärische Operation in der Region zu beginnen.“ Die
Operation ziele darauf ab, die Bevölkerung vor Terroristen zu schützen, seien
es der IS, al-Kaida oder kriminelle Gruppierungen. Die Operation solle auch der
Sicherung der Öl-, Gas- und Wasserreserven sowie der Bekämpfung von
Kriminalität und illegaler Einwanderung dienen.
Kurz darauf musste auch Ghassen Salamé, der Leiter der
UN-Sondermission, den UN-Sicherheitsrat über die katastrophale Lage im Süden
des Landes informieren. So leide die
Bevölkerung nicht nur unter der Brutalität von IS-Terroristen, sondern es gebe
im Süden auch keine Investitionen in die öffentliche Infrastruktur,
ausländische Söldner schlüpften durch die porösen Grenzen, Bürger und Migranten
fielen Verbrechern zum Opfern.
Nachdem die LNA im Süden Libyens Stellung bezogen hatte, kam
es Anfang Februar bei Ghadwa (etwa 40 km südlich der Stadt Sebha) zu heftigen
Kämpfen zwischen Einheiten der LNA und Milizen tschadischer Oppositionsgruppen.
Die LNA gab bekannt, dass „die Terroristen große Verluste erlitten haben“. Der
LNA gelang es, die Kontrolle über das Ghadwa-Gebiet zu erlangen.
Mitglieder des Tibu-Stammes beklagten allerdings, dass sich
die Operationen der LNA auch gegen sie richteten. Dies wird von der LNA
bestritten. Am 15. Januar äußerte sich auch ein führender Targi, Ali Kanna,
kritisch gegen den LNA-Vorstoß im Fessan, da er bewaffnete Konflikte zwischen
den einzelnen Kommunen befürchtete. Die 'Einheitsregierung' in Tripolis hat Ali
Kanna zum militärischen Befehlshaber von Sebha ernannt.
Die Luftwaffe der LNA griff tschadische Oppositionsmilizen
in Mursuk an. „Kampfjets zielten auf eine Ansammlung von tschadischen
Oppositionellen auf libyschem Territorium in den Vororten von Mursuk“, so die
LNA.
Französische Streitkräfte sind ebenfalls an den Kämpfen
beteiligt. Sie führten am 3. Februar Luftangriffe auf Ziele im Norden des
Tschad aus. Diese galten einem Fahrzeugkonvoi von 40 Pick-ups, die sich von
Libyen in den Tschad geflüchtet hatten.
Der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian nahm zu
den Kämpfen im Süden Stellung: „Die jüngsten Einsätze der LNA in der südlichen
Region haben es erlaubt, wichtige terroristische Ziele auszuschalten und
könnten langfristig dazu dienen, die Aktivitäten von Menschenhändlern zu
stoppen, die diese Region weiterhin zwischen der Sahelzone und dem
Mittelmeerraum, einschließlich der Ölfelder, heimsuchen. Frankreich weist in
diesem Zusammenhang erneut darauf hin, dass es sich bei Öl um eine nationale
Ressource handelt, deren Ausbeutung allen Libyern zugutekommen muss und dass
das Monopol bei der National Oil Corporation (NOC) mit Sitz in Tripolis
bleibt.“ Le Drian bekräftigte, dass" Frankreich der Einheit, Souveränität
und Unabhängigkeit Libyens verpflichtet ist. Es unterstützt alle libyschen
Streitkräfte, die den Terrorismus bekämpfen. Es bekräftigt, dass das Ziel die
Vereinigung der politischen, wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen
Institutionen des Landes ist, unter der Aufsicht einer zivilen Regierung,
legitimiert durch Wahlen.“
Unklar ist, inwieweit die LNA auch das Sharara-Ölfeld in
Gänze erobert hat. Am 6. Februar sagte der LNA-Sprecher Ahmed al-Mismari, dass
seine Streitkräfte „ohne Widerstand in das Ölfeld eingedrungen sind“. Diese
Stellungnahme erfolgte, nachdem Teile der Petroleum Facility Guards (PFG),
die für die Sicherheit der Anlage verantwortlich sind und zum größten Teil den
Tuareg angehören, sich den LNA-Truppen anschlossen. Allerdings dauern
Verhandlungen zwischen der LNA und den Tuareg noch an. Das Sharara-Ölfeld wurde
seit dem 8. Dezember von Stammesmitgliedern besetzt gehalten, die
Entwicklungsprojekte und die Zahlung ausstehender Löhne forderten.
Zwischen Milizen der 'Einheitsregierung' (Tripolis), die
ebenfalls in der Gegend um das Sharara-Ölfeld in Stellung gegangen sind, kam es
gestern zu Kämpfen mit fünf Toten und mehreren Verwundeten.
Am 7. Februar, um Mitternacht, erließ das Oberkommando der
LNA mit sofortiger Wirkung ein Verbot von Starts und Landungen auf allen
Flughäfen im Süden Libyens. Die vom Parlament bestätigte Erklärung sieht auch
ein Flugverbot im südlibyschen Luftraum vor. Jedes Flugzeug, egal ob es sich um
einen Inlands- oder Auslandsflug handelt, werde zur Landung gezwungen.
Ausländische Flugzeuge, die dem nicht nachkommen, seien Ziel libyscher
Kampfjäger.
Bei der Kontrolle über das Sharara-Ölfeld geht es um viel.
Sollten die östlichen Streitkräfte der LNA dieses Ölfeld unter ihre Kontrolle
bringen, hätten sie damit nicht nur die großen Verladehäfen und Ölanlagen im
libyschen Erdölhalbmond unter ihrer Kontrolle, sondern auch das größte Ölfeld
Libyens. Die LNA hat den Vorsitzenden der Nationalen
Libyschen Ölgesellschaft (NOC) Mustafa Sanella dazu aufgefordert, die
Produktion des Sharara-Ölfelds wieder aufzunehmen, da es keine Probleme mit den
lokalen Stämmen gebe, mit Ausnahme einzelner Zusammenstöße mit Tibu-Gruppen,
die die Schmugglerrouten kontrollierten. Sanella appelierte seinerseits an alle
Parteien, eine Eskalation zu vermeiden. Der Normalbetrieb könne allerdings erst
aufgenommen werden, wenn die Sicherheit wieder hergestellt sei. Sanella scheint
sich die Option offenzuhalten, ob er weiterhin Sarradsch und seine
'Einheitsregierung' in Tripolis unterstützt oder zur nicht nur militärisch
überlegenen LNA wechselt.
Auch im Westen wird es für die 'Einheitsregierung' unter
Sarradsch eng. Es gibt Berichte, dass Milizen in Surman und in den
Nefusa-Bergen ihre Unterstützung für die LNA erklärt hätten. Der Rat der Stämme
und Ältesten von Zinten gab eine Erklärung ab, in der er die Erweiterung der
von der LNA kontrollierten Gebiete forderte. Nach Angaben der zintanischen
Würdenträger kann nur der Einmarsch der LNA in Tripolis und in den Westen
Libyens den illegitimen bewaffneten Milizen ein Ende setzen und die Stabilität
des Landes wieder herstellen.
Zwischenzeitlich verstärken die Tripolis-Milizen ihre
Stellungen im Süden der Stadt, ohne dafür ein Mandat von der
'Einheitsregierung' erhalten zu haben, die nun vollständig die Kontrolle über
die Vorgänge in Libyen verloren zu haben scheint.
A. Gutsche
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen