Belgien und das libysche Volksvermögen
Libyen/Belgien. Wie Politico berichtet, hat 2012 der damalige belgische Außenminister Reynders Libyen in Aussicht gestellt, die eingefrorenen Zinserträge auf libyschen Konten freizugeben. Die Vereinten Nationen haben Belgien vorgeworfen, illegal gehandelt zu haben, als es Abbuchungen von libyschen Konten genehmigte.
Die libysche Investitionsbehörde (Libyan Investment Authority - LIA) hatte unter Gaddafi international investiert und die libyschen Erdölgelder vor allem in italienischen und britischen Firmen angelegt. Gelder der LIA in Höhe von 16 Milliarden Euro werden von dem Finanzinstitut Euroclear mit Sitz in Brüssel verwaltet. 2011 wurden zwar diese Gelder eingefroren, auf Beschluss der nationalen europäischen Regierungen jedoch nicht die sich daraus ergebenden Zinserträge. Diese wurden auf ein LIA-Konto bei der Großbank HSBC in Luxemburg sowie auf LIA-Konten bei der Arab Banking Corporation in Bahrain, deren Hauptaktionär die Libysche Zentralbank ist, überwiesen. Laut Welt war es nicht auszumachen, wer an die Millionen von Zinszahlungen aus Belgien herankommt, sprich sich am libyschen Volksvermögen bereichert.
Die belgische
Regierung steht unter zunehmendem Erklärungsdruck. Wie konnten hunderte
Millionen Euro an Zinsen von den eingefrorenen Konten der LIA aus der
Gaddafi-Zeit an unbekannte Empfänger fließen? Bereits im Dezember hatten die
Vereinten Nationen festgestellt, dass die Genehmigung dieser Auszahlungen im
Zeitraum von 2012 bis 2017 einen Gesetzesbruch darstellt.
Nun wurde ein Schreiben des damaligen belgischen
Außenministers Didier Reynders vom 1.08.2012 bekannt, in dem der damalige libysche ‚Außenminister‘ Achour
Ben Khayal gebeten wird, Schulden an belgische Firmen zu begleichen, die aus
der Gaddafi-Zeit stammen. Gleichzeitig wurde in Aussicht gestellt, die eingefrorenen
Konten freizugeben. Reynders verwies auf die ‚Befreiung‘ Libyens durch
belgische Truppen und wolle in diesem Sinne die libysche Regierung über
eingefrorene Vermögenswerte in Belgien informieren. Es bestünde nach
EU-Sanktionsgesetzen die Möglichkeit, „eingefrorene Vermögenswerte unter
anderem für humanitäre Ziele freizugeben“.
Reynders fügte seinem
Schreiben eine Liste von acht belgische Unternehmen bei, die fast 30 Millionen
Euro an ausstehenden Zahlungen geltend machten. Zu den Gläubigern zählten auch
der Waffenproduzent Herstal, Hersteller von Satellitenkommunikation, Betriebe
aus dem Bereich Wasserwirtschaft sowie Geflügelzüchter.
Doch nicht nur die UN, sondern auch ein US-amerikanisches
Expertengremium war im letzten Jahr zu dem Schluss gekommen, dass Belgien gegen
die internationalen Sanktionen verstoßen habe, indem es Zinsen und andere
Erträge aus dem libyschen Investmentfonds auszahlte. Da Libyen immer noch ein
politisch instabiles Land sei, Unklarheit darüber herrsche, wer bei der LIA das
Sagen hat und keinerlei Kontrolle über die Verwendung der Mittel bestehe, könne
die Freigabe des Geldes zu Missbrauch führen.
Reynders selbst bestreitet jedes Fehlverhalten. Er als
Außenminister habe keine Gelder freigegeben, dies falle ins Resort des
Finanzministeriums. Von den betroffenen Firmen sind bisher keine Stellungnahmen
bekannt.
Der damalige Finanzminister und derzeitige Direktor der
belgischen Zentralbank, Steven Vanackere, hat bestritten, etwas über das in
Belgien eingefrorene libysche Staatsvermögen zu wissen. Allerdings hatte ein
hoher Finanzbeamter in einem Schreiben vom Oktober 2012 fälschlicher Weise behauptet,
es gäbe keine Rechtsgrundlage mehr für das Einfrieren der libyschen Vermögenswerte.
Außer Zweifel steht, dass Gelder in Höhe von zig Millionen
freigegeben wurden und an unbekannte Empfänger flossen. Unklar bleibt dagegen,
ob ein Teil diese Gelder tatsächlich zur Schuldentilgung bei belgischen Firmen
verwendet wurden. Im letzten Jahr wurde sogar vermutet, dass diese Gelder an
Milizen gingen, die mit Waffen- und Menschenschmuggel in Verbindung gebracht
werden.
Letztendlich stellt sich die Frage: Wenn die belgische
Regierung diese Gelder unrechtmäßig freigegeben hat, muss sie dann nicht dafür
haftbar gemacht werden und diese Abermillionen an Libyen zurückzahlen?
A. Gutsche
https://www.politico.eu/article/belgium-sought-to-pay-its-companies-from-frozen-libyan-funds/
https://www.freitag.de/autoren/gela/milliarden-an-volksvermoegen-verschwunden
https://www.freitag.de/autoren/gela/belg-parlament-wohin-gingen-libysche-gelder
https://www.freitag.de/autoren/gela/milliarden-an-volksvermoegen-verschwunden
https://www.freitag.de/autoren/gela/belg-parlament-wohin-gingen-libysche-gelder
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