Dienstag, 26. Februar 2019



Belgien und das libysche Volksvermögen


Libyen/Belgien. Wie Politico berichtet, hat 2012 der damalige belgische Außenminister Reynders Libyen in Aussicht gestellt, die eingefrorenen Zinserträge auf libyschen Konten freizugeben. Die Vereinten Nationen haben Belgien vorgeworfen, illegal gehandelt zu haben, als es Abbuchungen von libyschen Konten genehmigte.



Die libysche Investitionsbehörde (Libyan Investment Authority - LIA) hatte unter Gaddafi international investiert und die libyschen Erdölgelder vor allem in italienischen und britischen Firmen angelegt. Gelder der LIA in Höhe von 16 Milliarden Euro werden von dem Finanzinstitut Euroclear mit Sitz in Brüssel verwaltet. 2011 wurden zwar diese Gelder eingefroren, auf Beschluss der nationalen europäischen Regierungen jedoch nicht die sich daraus ergebenden Zinserträge. Diese wurden auf ein LIA-Konto bei der Großbank HSBC in Luxemburg sowie auf LIA-Konten bei der Arab Banking Corporation in Bahrain, deren Hauptaktionär die Libysche Zentralbank ist, überwiesen. Laut Welt war es nicht auszumachen, wer an die Millionen von Zinszahlungen aus Belgien herankommt, sprich sich am libyschen Volksvermögen bereichert.
Die belgische Regierung steht unter zunehmendem Erklärungsdruck. Wie konnten hunderte Millionen Euro an Zinsen von den eingefrorenen Konten der LIA aus der Gaddafi-Zeit an unbekannte Empfänger fließen? Bereits im Dezember hatten die Vereinten Nationen festgestellt, dass die Genehmigung dieser Auszahlungen im Zeitraum von 2012 bis 2017 einen Gesetzesbruch darstellt.
Nun wurde ein Schreiben des damaligen belgischen Außenministers Didier Reynders vom 1.08.2012 bekannt, in dem der damalige libysche ‚Außenminister‘ Achour Ben Khayal gebeten wird, Schulden an belgische Firmen zu begleichen, die aus der Gaddafi-Zeit stammen. Gleichzeitig wurde in Aussicht gestellt, die eingefrorenen Konten freizugeben. Reynders verwies auf die ‚Befreiung‘ Libyens durch belgische Truppen und wolle in diesem Sinne die libysche Regierung über eingefrorene Vermögenswerte in Belgien informieren. Es bestünde nach EU-Sanktionsgesetzen die Möglichkeit, „eingefrorene Vermögenswerte unter anderem für humanitäre Ziele freizugeben“. 

Reynders fügte seinem Schreiben eine Liste von acht belgische Unternehmen bei, die fast 30 Millionen Euro an ausstehenden Zahlungen geltend machten. Zu den Gläubigern zählten auch der Waffenproduzent Herstal, Hersteller von Satellitenkommunikation, Betriebe aus dem Bereich Wasserwirtschaft sowie Geflügelzüchter.
Doch nicht nur die UN, sondern auch ein US-amerikanisches Expertengremium war im letzten Jahr zu dem Schluss gekommen, dass Belgien gegen die internationalen Sanktionen verstoßen habe, indem es Zinsen und andere Erträge aus dem libyschen Investmentfonds auszahlte. Da Libyen immer noch ein politisch instabiles Land sei, Unklarheit darüber herrsche, wer bei der LIA das Sagen hat und keinerlei Kontrolle über die Verwendung der Mittel bestehe, könne die Freigabe des Geldes zu Missbrauch führen.
Reynders selbst bestreitet jedes Fehlverhalten. Er als Außenminister habe keine Gelder freigegeben, dies falle ins Resort des Finanzministeriums. Von den betroffenen Firmen sind bisher keine Stellungnahmen bekannt.
Der damalige Finanzminister und derzeitige Direktor der belgischen Zentralbank, Steven Vanackere, hat bestritten, etwas über das in Belgien eingefrorene libysche Staatsvermögen zu wissen. Allerdings hatte ein hoher Finanzbeamter in einem Schreiben vom Oktober 2012 fälschlicher Weise behauptet, es gäbe keine Rechtsgrundlage mehr für das Einfrieren der libyschen Vermögenswerte.
Außer Zweifel steht, dass Gelder in Höhe von zig Millionen freigegeben wurden und an unbekannte Empfänger flossen. Unklar bleibt dagegen, ob ein Teil diese Gelder tatsächlich zur Schuldentilgung bei belgischen Firmen verwendet wurden. Im letzten Jahr wurde sogar vermutet, dass diese Gelder an Milizen gingen, die mit Waffen- und Menschenschmuggel in Verbindung gebracht werden.
Letztendlich stellt sich die Frage: Wenn die belgische Regierung diese Gelder unrechtmäßig freigegeben hat, muss sie dann nicht dafür haftbar gemacht werden und diese Abermillionen an Libyen zurückzahlen? 

A. Gutsche

 

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