Kurznachrichten Libyen – 06.08. bis 12.08.2023
Hannibal Gaddafi befindet sich weiterhin im lebensbedrohlichen Hungerstreik / Abwahl von al-Mischri als Staatsratsvorsitzender schlägt hohe Wellen, Parlamentspräsident Aguila Saleh wackelt / Auch Turbulenzen im westlichen Libyen / Unruhen in al-Chums
Politische Gefangene
+ 09.08.: Hannibal al-Gaddafi/Hungerstreik. „Marinella Correggia weist im italienischen Manifesto
auf die erschütternde Situation der Gefangenschaft von Hannibal Gaddafi
im Libanon hin. Sie schreibt: „Sein Leben ist in Gefahr, da er sich
seit Juni aus Protest im Hungerstreik befindet, der nur durch mehrere
Krankenhausaufenthalte unterbrochen wurde. Berichten zufolge hat er
bereits 25 Kilogramm abgenommen.“ Die letzte Nachricht sei
besorgniserregend, denn die Ärzte haben erklärt, ein weiteres Fasten
würde seinen Körper überfordern. Doch Hannibal verweigert nach wie vor
die Nahrungsaufnahme.
Auch der Libanon hat die Allgemeine UN-Menschenrechtserklärung
ratifiziert, in der es in Artikel 9 heißt: „Niemand darf willkürlich
festgenommen oder in Haft gehalten werden“, und in Artikel 10: „Jeder
hat das Recht auf ein faires Verfahren vor einem unabhängigen Gericht“.
Für den am 11. Dezember 2015 von der von Milizionären der libanesischen
bewaffneten Gruppe Amal verschleppten Hannibal Gaddafi scheint dies
nicht zu gelten.“
https://gela-news.de/der-im-libanon-gefangen-gehaltene-hannibal-al-gaddafi-schwebt-in-lebensgefahr
+ 10.08.: Hannibal al-Gaddafi/Libanon. Endlich hat
auch der libanesische Generalstaatsanwalt Ghassan Ueidat auf das
Schreiben seines libyschen Amtskollegen as-Siddiq as-Sour reagiert, der
die dringende Freilassung von Hannibal Gaddafi forderte.
Ueidat gab bekannt, er habe das Ersuchen Libyens an den
Ermittlungsrichter Zaher Hamadeh weitergeleitet. Dieser bearbeite den
Fall des 1978 verschwundenen schiitischen Imans Moussa as-Sadr. Es soll
ein Bericht zur Weiterleitung an die libysche Generalstaatsanwaltschaft
erstellt werden.
https://libyareview.com/36773/libya-seeks-release-of-hannibal-gaddafi-from-lebanon/
Während Hannibal al-Gaddafi in Lebensgefahr schwebt, sieht das
juristische Vorgehen im Libanon nach Verschleppungstaktik aus. Die Fälle
Hannibal al-Gaddafi und Moussa as-Sadr haben nichts miteinander zu tun
und müssen getrennt behandelt werden.
+ 07.08.: Hannibal al-Gaddafi/Libanon. Der
emiratische Geschäftsmann Khalafallah al- Habtur ist der Meinung, dass
die anhaltende Inhaftierung von Hannibal al-Gaddafi die Tourismussaison
im Libanon beeinträchtigen könnte.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1688941485222191104
+ 07.08.: Politische Gefangene. In Sirte kam es
zu Verhaftungswellen, durchgeführt von sogenannten ‚Sicherheitsorganen‘,
die mit dem Kommandanten der Libyschen Nationalarmee (LNA) im östlichen
Libyen, Khalifa Haftar, in enger Verbindung stehen und auf seinen
Befehl hin handeln. Der Journalist und Leiter des Medienteams von Saif
al-Islam Gaddafi, Dr. Agila Dalhum, war nicht nur schweren Repressionen
ausgesetzt, sondern es wurde sogar ein Mordversuch unternommen, um ihn
zum Schweigen zu bringen.
Vorher wurden bereits die Organisatoren und Parteichefs von Gemeinsam für das Vaterland, Saleh
az-Zarruk, al-Mabruk Onaizah, Ahmed al-Mahdi, al-Fituri abu Saba und
Fardsch Amarf Aijasch, verhaftet und an die Innere Sicherheit von
Bengasi überstellt.
Sie sind nach fast vier Monate immer noch in Radschma-Gefängnissen inhaftiert.
Foto: https://twitter.com/SaifFuture/status/1688581545496289280
Siehe auch: https://gela-news.de/die-libysche-stadt-sirte-wird-zum-schauplatz-von-repression-und-gewalt
+ 07.08.: Abdullah as-Senussi. Der Prozess gegen den
ehemaligen Direktor des Militärgeheimdienstes der libyschen
Dschamahirija, Generalmajor Abdullah as-Senussi, ist zum sechsten Mal
verschoben worden, nun auf den 11. September. As-Senussi ist seit 2012
in einem Gefängnis in Tripolis inhaftiert.
Ahmed Nashad, der Anwalt von as-Senussi, sagte: „Mein Mandant hat das
Recht, von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen freigesprochen zu werden,
da sie einer rechtlichen Grundlage entbehren. Dies geht aus dem Urteil
des Berufungsgerichts am Obersten Gerichtshof hervor, das den Fall an
das Strafgericht von Tripolis zurückverwiesen hat.“ Alle Beweise seien
von der Verteidigung dem Berufungsgericht vorgelegt worden.
Nashad wies darauf hin, dass sich der Prozess gegen seinen Mandanten
über zwei Jahre (2014 und 2015) erstreckte und in Tripolis innerhalb des
al-Hadba-Gefängnis Tripolis stattfand. Der damalige Prozess endeten mit
der Verhängung der Todesstrafe von as-Senussi und den anderen
Angeklagten. Der Fall wurde wegen Fehlerhaftigkeit vom Berufungsgericht
an das Strafgericht in Tripolis zurücküberwiesen.
https://libyareview.com/36693/trial-of-libyas-former-intelligence-chief-postponed/
An dieser Stelle sei auch aller nichtprominenter politischer Gefangener
gedacht, die zum Teil in Geheimgefängnissen einsitzen, und mit Nachdruck
deren Freilassung gefordert.
Wahl des Staatsratsvorsitzenden
+ 06.08.: Staatsrat. In einer dramatischen
Stichwahl wurde der langjährige Vorsitzende des Staatsrats, al-Mischri,
abgewählt und der von Dabaiba favorisierte Kandidat Muhammad Takala mit
67 zu 62 Stimmen zum neuen Vorsitzenden gewählt.
In der ersten Runde der Wahlen am Sonntag führte Mischri mit 49
Stimmen, während Takala mit 39 von 129 anwesenden Mitgliedern
unterlegen war. Die anderen Kandidaten, Naema al-Hami und Nakhi Mukhtar,
erhielten 4 bzw. 36 Stimmen, wobei zwei leere Stimmzettel abgegeben
wurden.
In der Politik des Staatsrats dürfte ein Richtungswechsel zugunsten
Dabaibas anstehen. Es bleibt anzumerken, dass dem Staatsrat jegliche
Legitimität fehlt. Er ist eine Erfindung der UN und der ‚internationalen
Gemeinschaft‘ und in diesem Sinne ein Machtfaktor in der libyschen
Politik.
https://libyareview.com/36649/mohammed-takala-elected-as-head-of-libyas-high-council-of-state/
+ 07.08.: Dabaiba/Saleh. Faradsch Schitau vom Medienbüros der Operation Volcano of Anger meint, dass es Dabaiba gelungen sei, von Bashagha, über al-Dschuwaili bis al-Mischri alle seine Gegner abzuräumen.
Und Nasser Armar meint, nun werde der Parlamentspräsident Saleh
gestürzt, um die beiden Regierungen im östlichen und westlichen Libyen
zu vereinen und keine neue Übergangsregierung einzusetzen. Dieses
Szenario werde von ausländischen Mächten unterstützt. Der
Saleh-Mischri-Fahrplan zu Wahlen werde nun torpediert.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1688576515682758658 https://twitter.com/SaifFuture/status/1688943749970173953
+ 07.08.: Muhammad Takala. Muhammad Takala gehört der Moslembruderschaft an und ist Mitglied deren Partei für Gerechtigkeit und Aufbau. Er gilt als Kollaborateur mit der türkischen Besatzungsmacht im westlichen Libyen.
Der politische Islam, angeführt vom Mufti des libyschen Zweigs der
Muslimbruderschaft, Sadiq al Ghariani wollte den Sturz al-Mischris.
Der 1966 in Khums, 120 Kilometer östlich von Tripolis, geborene Takala
hat an der Universität Budapest in Informatik promoviert und arbeitete
ab 1986 als Computeringenieur im Zementwerk Leptis. Politisch aktiv
wurde Takala als Gemeinderat in seiner Heimatstadt. 2012 wurde er in den
Allgemeinen Nationalkongress, die damalige Legislative, berufen. 2020
war er Mitglied des Libyschen Nationalen Dialogforums (LPDF), das im
Februar 2021 Dabaiba zum Premierminister ‚wählte‘.
Es wird sich zeigen, ob Takala die von seinem Vorgänger al-Mischri
getroffenen Entscheidungen rückgängig machen wird, insbesondere was die
Bildung einer neuen einheitlichen Exekutive und die Vereinbarung mit dem
Parlament über die Ausarbeitung eines Aktionsplans zur Organisation von
Wahlen im Land betrifft.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1688579570222419969
https://www.agenzianova.com/en/news/libya-who-is-muhammad-takala-the-new-president-of-the-high-state-council/
+ 07.08.: Skhirat-Karte. Der Journalist Mahmoud
al-Misrati geht davon aus, dass es mit Takala keine Einigung über eine
vom 6+ 6-Ausschuss gefundene Einigung gibt.
Es werde weiter von ausländischen Akteuren die Skhirat-Karte der
Moslembruderschaft gespielt und solange es das Skhirat-Abkommen gebe,
sei man vom Erreichen einer Stabilität im Land weit entfernt. Es
änderten sich nur Namen und Gesichter, das politische Geschehen
bestimmten ausländische Botschaften.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1688577696966512640
+ 08.08.: al-Mischri. Die Bewegung Ya Biladi,
die dem Präsidentschaftskandidaten Nuri Busahmin nahesteht, fordert,
dass al-Mischri vor seinem Ausscheiden aus dem Amt zur Rechenschaft
gezogen wird.
Es müssen Parlamentswahlen abgehalten werden, die die Arbeit des
Staatsrates und des Parlaments beenden und es dem Volk ermöglichen,
seine Vertretung zu wählen. Sowohl die Arbeit des Parlaments als auch
des Staatsrats sollten eingefroren werden, das Wahlgesetz von 2012
aktiviert und auf seiner Grundlage Wahlen abgehalten werden.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1688943046941917185
+ 09.08.: Keine Wahlen. Die italienische Agentur Nova
ist der Meinung, dass durch die Abwahl von al-Mischri 2023 keine Wahlen
stattfinden werden, da Dabaiba nicht bereit ist, seine Macht wegen
Wahlen aufzugeben. Dabaiba übe seinen Einfluss nicht nur durch Geld und
Zugang zu staatlichen Mitteln aus, sondern auch durch Einschüchterung
und Verhinderung der Abhaltung von Sitzungen.
Die derzeitige politische Struktur sei nicht in der Lage, Libyen voranzubringen, sondern könne nur in sich zusammenfallen.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1689370311295172608
+ 09.08.: 6+6-Einigung. Die türkische Anadolu-Agentur
schreibt, nachdem al-Mischri die Dabaiba-Regierung stürzen wollte sei
nun er selbst abgesetzt worden. Der Grund für Mischris Niederlage sei
sein Konflikt mit Dabaiba gewesen sowie die mit dem
Parlamentspräsidenten Saleh getroffenen Vereinbarungen.
Der neu gewählte Takala werde den 13. Verfassungszusatz noch einmal
überdenken, ihn noch einmal abstimmen lassen und ihn dann verwerfen.
Takala sei von der Unterstützung durch Dabaiba abhängig.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1689369956226334725
+ 10.08.: Dabaiba-Regierung. LibyaDesk
schreibt: „Obwohl Dabaiba mit der Entfernung von Khalid al-Mischri aus
dem HCS einen wichtigen Sieg errungen hat, kann er sich nicht auf seinen
Lorbeeren ausruhen. Seine Allianz für die Kontrolle des westlichen
Libyens zerbricht weiter und bringt seine Autorität in ständige
Konfrontation mit denjenigen, die eigentlich seine engsten Verbündeten
sein sollten.
Die Ankündigung des Parlaments, eine neue Regierung zu bilden, hat die
Phantasie fast aller Regierungsbeamten beflügelt. Viele träumen davon,
der nächste Premierminister zu werden, oder sie haben Angst, ihr
Engagement innerhalb der Dabaiba-Regierung fortzusetzen, um sich nicht
von der nächsten libyschen Regierungskonfiguration zu entfremden. Dies
hat dazu geführt, dass sie beginnen, außerhalb der von Dabaiba erlaubten
Grenzen zu handeln, da jeder seine eigenen Interessen verfolgt.
Die Regierung im Osten legte den Grundstein für eine Eskalation: Die im Osten ansässige Regierung der Nationalen Stabilität
(GNS) ist seit ihrem gescheiterten Versuch, sich unter der früheren
Führung von Premierminister Fathi Baschagha in Tripolis zu etablieren,
ineffektiv geblieben. Nichtsdestotrotz hat sie unter der Führung von
Osama Hamad einen bemerkenswerten Aufschwung erlebt. Unterstützt von
Khalifa Haftar und den Hardlinern in al-Radschma ist es der GNS sogar
gelungen, erheblichen Einfluss auf die internationale Gemeinschaft
auszuüben, deren langjährige Politik darin bestand, nachfolgende
Parallelregierungen im Osten Libyens weder anzuerkennen noch mit ihnen
zusammenzuarbeiten.
Diese Politik wurde wohl während der Nebengespräche der
Sicherheitsarbeitsgruppe (SWG) in Bengasi im letzten Monat, als
ausländische Diplomaten mit Hamad und Haftar zusammentrafen, zum
Einsturz gebracht. Dieses kurze, aber symbolträchtige Treffen deutet auf
einen neuen Kurs der GNS hin, der konfrontativer und aktiver ist als
unter der Herrschaft von Baschagha. Zu diesem Kurs gehört die Ernennung
von Abdul Hadi zum Außenminister – ein Amt, das er bereits während der
Übergangsregierung von Abdullah ath-Thani innehatte. Der
GNS-Premierminister hat auch glühende Nationalisten ausgewählt, um sich
auf eine unvermeidliche Eskalation gegen die Dabaiba-Regierung und
ausländische Akteure vorzubereiten.“
https://www.libyadesk.com/insights-/weekly-dispatch-june16-mk42n-cy788-bdgy4
+ 08.08.: Parlament/Staatsrat. Der Abgeordnete
Dschibril Wahili erklärte, dass die Ergebnisse des 6+6-Ausschusses nicht
vom Staatsrat übernommen werden, wenn dort Takala die Richtung vorgibt.
Die Kompatibilität zwischen Staatsrat und Parlament wären beendet, wenn
im Staatsrat die 13. Verfassungsänderung abgelehnt wird.“
https://twitter.com/SaifFuture/status/1688942818029359104
+ 08.08.: Parlament/6+6-Ausschuss/Wahlgesetz. Der
Entwurf des Wahlgesetzes wurde dem 6+6-Ausschuss (Parlament und Hoher
Staatsrat) nach einem Parlamentsentschluss zur Überarbeitung vorgelegt.
Bisher hatte der 6+6-Ausschuss bereits Einigkeit darüber erzielt, dass
Präsidentschafts- und Parlamentswahlen gleichzeitig stattfinden sollen
sowie dass die Legislative zukünftig Rat der Nation heißen und aus den zwei Kammern Parlament und Senat bestehen soll.
Der 6+6-Ausschuss soll ein Wahlgesetz für die Präsidentschafts-, die
Parlaments- und die Senatswahl erlassen, das aber nach der Wahl von
Takala zum Staatsratsvorsitzenden erneut stark umstritten sein dürfte.
Bisher sieht der Vorschlag vor, dass bei den Präsidentschaftswahlen
Doppelstaatsangehörige teilnehmen dürfen. Sie müssten dann aber, um an
einem zweiten Wahlgang teilnehmen zu können, die ausländische
Staatsangehörigkeit aufgeben. Militärangehörige müssten von ihrem Posten
zurücktreten. Kandidaten dürfen nicht rechtskräftig verurteilt worden
sein.
Der 6 + 6-Ausschuss ist befugt, die vorgelegten Wahlgesetze zu ändern
und die Anmerkungen der Wahlkommission dazu zu berücksichtigen.
Die 13. Verfassungsänderung sieht vor, dass die Ergebnisse des 6 +
6-Ausschusses für das Parlament und den Staatsrat ohne Einspruchsrecht
bindend sind.
https://libyareview.com/36721/libyan-parliament-refers-election-law-to-66-committee-for-review/
+ 12.09.: Bathily/Parlament. Nach der Abwahl von
al-Mischri als Staatsratsvorsitzenden soll auch gegen den
Parlamentspräsidenten Saleh und Parlamentarier vorgegangen werden, die
die Absetzung der Dabaiba-‚Regierung‘ betreiben.
Der UN-Sonderbeauftragte für Libyen, Abdullah Bathily, nahm an einem
Gesprächsforum in der westlibyschen Großstadt Zawiya teil, bei der auch
Bürgermeister der zentralen, westlichen und südlichen Stadtbezirke von
Zawiya sowie Vertreter der Jugend und der sozialen, politischen und
sicherheitspolitischen Kräfte der Stadt anwesend waren. Bathily rief
dazu auf, „all jene zu bestrafen, die den Wahlprozess in Libyen
behindern“. Libyen müsse seine Grenzen und sein Land sichern. Dies
bedeutet für die Europäer vor allem, dass die Durchreise von Migranten,
durch die Putsche und Kriege in den Sahelstaaten befeuert, in den Griff
bekommen werden soll.
https://gela-news.de/internationale-bestrebungen-zur-sanktionierung-bei-wahlbehinderung
+ 11.08.: Saleh/Bathily. Parlamentspräsident Aguila
Saleh äußerte sich besorgt über den Einfluss der UN auf innerlibysche
Angelegenheiten. Saleh betonte, Bathily sei nicht befugt,
Dialogausschüsse zu bilden. Die Hauptaufgabe der UN in Libyen sei es,
innerlibysche Prozesse zu unterstützen.
Bathily hatte vorher Einwände gegen die Parlamentsentscheidung erhoben,
vor der endgültigen Verabschiedung der Wahlgesetze bereits deren
Umsetzung zu planen.
Saleh forderte den neu gewählten Präsidenten des Staatsrats, Muhammad
Takala, auf, den Dialog mit Parlament und Staatsrat fortzusetzen, um
einen Konsens zu erzielen, der sowohl zu Parlaments- als auch zu
Präsidentschaftswahlen führt.
https://libyareview.com/36799/ageela-saleh-criticises-uns-interference-in-libyan-affairs/
Wahlen
+ 08.08.: Präsidentschaftswahlen. Saad al-Aker,
Professor für Völkerrecht an der Universität von Tobruk vertritt die
Meinung, dass der Ausschluss von Saif al-Islam Gaddafi und Khalifa
Haftar bei Präsidentschaftswahlen bedeuten würde, auch einen großen Teil
der libyschen Bevölkerung von den Wahlen auszuschließen, da deren
Anhänger zu den größten politischen Blöcken in Libyen gehören. Jeder
sollte kandidieren dürfen, und die Entscheidung sollte über die
Wahlurnen getroffen werden. Der Ausschluss von bestimmten politischen
Blöcken werde den ganzen Wahlprozess stören. Die Wahlgesetzte müssten
alle Parteien zufriedenstellen.
Bisher haben sowohl die Regierungen als auch die militärischen Kräfte
aus Eigeninteresse die Wahlen behindert. Allerdings haben sich mehr als
2,5 Millionen Libyer in das Wahlregister eintragen lassen, was von dem
Wunsch zeugt, sich der jetzigen politischen Gremien zu entledigen.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1688942438193172480
+ Bathily/Wahlen. Laut Ahmed asch-Scharksi, Mitglied
des Libyschen Politischen Dialogforums (LPDF), ist es dem
UN-Sondergesandten Bathily nicht gelungen, „ein gegenseitiges
Verständnis zwischen den kriegführenden lokalen und internationalen
Parteien herzustellen. Seine Bemühungen, den Weg für friedliche Wahlen
zu ebnen, waren bisher vergeblich.“
https://libyareview.com/36779/libyan-official-bathily-failed-to-mediate-for-elections/
+ 12.08.: Saleh/Wahlen. Bathily ist der Meinung,
dass es in Richtung der Bildung einer technokratischen Regierung und
anschließenden Wahlen gehen soll. Ein Zusammengehen der beiden jetzigen
Regierungen käme nicht infrage.
https://twitter.com/alwasatengnews/status/1690101810365689856
Unruhen
+ 08.08.: al-Chums. Gegen den Beschluss der
Dabaiba-‚Regierung‘ in Tripolis, den Hafen von al-Chums (westliches
Libyen) an den unter türkischer Besatzung stehenden Marinestützpunkt
anzubinden, protestiert die Einwohnerschaft mit brennenden Reifen und
Blockade der Küstenstraße in Richtung Tripolis. Von der Küstenwache
sollen alle Schiffe und Bulldozer entfernt werden. Diese willkürliche
Entscheidung habe erhebliche Auswirkungen auf Tausende von Familien, die
ihren Lebensunterhalt im Hafen verdienen.
Die Dabaiba-‚Regierung‘ will den maritimen Militärstützpunkt für die
Türkei im Rahmen des zwischen der damaligen ‚Einheitsregierung‘ unter
Sarradsch und der Türkei geschlossenen Memorandums zur militärischen
Zusammenarbeit erweitern und ausbauen. Aguila Saleh weist darauf hin,
dass dieser Vertrag mit der Türkei der Zustimmung des Parlaments bedurft
hätte, die nicht erfolgte und damit der Beschluss der
Dabaiba-‚Regierung‘ ungültig sei.
Der Wirtschaftsanalyst Mokhtar al-Dschadid hält die Idee, einen
funktionierenden Handelshafen oder Teile davon zu einem Marinestützpunkt
zu machen, für dumm und inakzeptabel. Die libysche Wirtschaft müsse
gestärkt werden, nicht abgebaut. Es herrsche ein überholtes Denken. Der
Hafen von al-Chums gehöre allen Libyern und es liege in ihrer
Verantwortung, ihn zu verteidigen.
Es wurde Dabaiba eine Frist gesetzt, diesen Beschluss wieder rückgängig
zu machen. Alle Milizen werden aufgefordert, sich aus der Stadt
zurückzuziehen.
Fotos: https://twitter.com/SaifFuture/status/1688331297784020992
Video: https://twitter.com/ObservatoryLY/status/1688198415367151616
https://twitter.com/SaifFuture/status/1688943883508498432
https://twitter.com/AlmieyarLibya/status/1688629372519862272
https://twitter.com/SaifFuture/status/1688577266559672321
https://twitter.com/SaifFuture/status/1689371062708969472
+ 10.08.: az-Zawiya. Shaaban Hadiya (alias Abu
Obeida az-Zawy) sammelt in az-Zawiya erneut seine Unterstützer. Er plant
eine Aktivierung seiner Bewegung, die auf den Sturz der
Dabaiba-Regierung abzielt.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1689372679906701312
+ 10.08.: Bürgermeistr/Trabelsi. Bürgermeister der
Gemeinden der westlichen Region bekräftigen in einer Erklärung ihre
volle Unterstützung für Innenminister Imad Trabelsi. Es würden bald die
Probleme der Region gelöst werden.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1689373289238368257
+ 08.08.: Sitzstreik. Studenten und Schülern von
Universitäten und Gymnasien aus allen Teilen Libyens fordern bei einem
Sitzstreik in Tripolis ihr Demonstrationsrecht ein.
Auf Anweisung von Ibrahim Dabaiba wird die Demonstration gewaltsam aufgelöst.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1688941682031464448
https://twitter.com/SaifFuture/status/1688941285816647681
+ 12.08.: Protest. Mehr als 3.000 Lehrkräften,
Lehrassistenten und Studenten forderten in Tripolis vor dem Sitz von
‚Premierminister‘ Dabaiba bessere Arbeitsbedingungen und die
Wiederaufnahme des seit langem blockierten Stipendienprogramms für
Auslandsstudien.
https://libyareview.com/36803/libyan-faculty-members-threaten-to-suspend-teaching-over-living-conditions/
+ 11.08.: Erdöl. Libysche und verschiedene
internationale Akteure konkurrieren um die Kontrolle über das
Ghadames-Becken. Es könnte die Möglichkeit bestehen, dass es in der
nächsten Zeit zu einem Brennpunkt bewaffneter Eskalation wird.
https://www.libyadesk.com/insights-/weekly-dispatch-june16-mk42n-cy788-bdgy4
Libyen und das Ausland
+ 08.08.: LNA/Niger/Sudan. LNA-Sprecher al-Mismari
sagte, dass die Schließung der Grenzen zu Niger und Sudan „derzeit keine
praktikable Option ist, solange die Situation nicht eskaliert“. Ein
möglicher bewaffneter Konflikt in Niamey, der auf Drohungen der
Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (ECOWAS) zurückgeht,
würde nicht den Interessen der Beteiligten dienen. Die Situation werde
beobachtet.
Mismari betonte, dass die Situation in Niger eine interne Angelegenheit
sei. Er äußerte sich jedoch besorgt über das Potenzial für einen
bewaffneten Konflikt, insbesondere wenn sich dieser zu einem
internationalen Konflikt ausweiten sollte. „Ein Krieg im Niger nützt der
Region überhaupt nichts. Die Region ist bereits angespannt, und die
Bevölkerung leidet unter verschiedenen Problemen. Deshalb glauben wir
nicht, dass Krieg die erste Option ist, sondern politische Lösungen und
Verhandlungen“.
https://libyareview.com/36712/libyan-army-criticizes-uns-approach-to-crisis/
+ USA/Niger. „Im Fall von Niger gehört zu dieser
Agenda, die Tür offen zu halten, damit Washington […] kommen und gehen
kann, wie es beliebt, bis hin zur Möglichkeit, die Ressourcen des Landes
komplett auszubeuten oder das Land als Sprungbrett für Operationen
gegen Washingtons geopolitischen Feinde zu nutzen. Das würde erklären,
warum die CIA nach dem Fiasko im libyschen Bengasi eine Basis für
Drohnen in Niger für ihre Operationen in Afrika errichtete, nachdem
Washington in Libyen seine sichere Stellung verloren hatte. Es ist
wahrscheinlich kein Zufall, dass Libyen direkt neben Niger liegt.“
https://rtde.team/meinung/177464-washingtons-regimewechselexpertin-sucht-gespraech-mit/
+ 08.08.: Sudan. Laut der Internationale Organisation für Migration (IOM) haben 3.380 Kriegsflüchtlinge aus dem Sudan in Libyen Zuflucht gesucht.
https://libyareview.com/36706/iom-sudanese-conflict-forcing-thousands-to-seek-refuge-in-libya/
+ 07.08.: Türkei. Laut der italienischen Website ItaMilRadar ist die Luftbrücke der Türkei in das westliche Libyen sehr aktiv. An diesem Tag allein wurden drei Flüge registriert.
https://twitter.com/SaifFuture/status/1688943934376980481
+ 09.08.: Großbritannien. Die britische
Botschafterin Caroline Hurndall hatte kürzlich die Städte Ghadames und
Nalut sowie Sehenswürdigkeiten besucht, mit Einheimischen über deren
Lebensbedingungen gesprochen und ihre Erlebnisse anschließend auf
Twitter geteilt. Dieses Verhalten wird als Verstoß gegen das
diplomatische Protokoll angesehen.
https://libyareview.com/36776/libyan-media-chief-criticizes-british-ambassador/
+ 09.08.: Diplomaten/Parlament. Der Premierminister
der vom Parlament ernannten ‚Regierung‘, Osama Hammad, wies die
Sicherheitsbehörden an, „Mitglieder ausländischer diplomatischer
Vertretungen und internationaler Organisationen daran zu hindern, die
von der Regierung kontrollierten Gebiete ohne vorherige Genehmigung zu
betreten, zu reisen oder sich mit Vertretern von Regierungsstellen und
öffentlichen Einrichtungen zu treffen“. Darüber hinaus müssten „alle
Aktivitäten dieser Personen, unabhängig von ihrer Art, vom Büro des
Premierministers oder den autorisierten Stellen im Einklang mit dem
Gesetz genehmigt werden“.
https://libyareview.com/36761/libyan-government-pre-approval-essential-for-foreign-diplomats-travel/
Weitere Nachrichten aus Libyen
+ 06.08.: Außenministerium/Misswirtschaft. Der
Parlamentarier Ali as-Sabaai warf dem von Nadschla Mangusch geleitetem
Außenministerium grobes Fehlverhalten, Misswirtschaft und eine
„verwerfliche Form der Korruption“ vor. Er betonte ferner, dass ein
solches Verhalten in krassem Widerspruch zu den Grundwerten und der
Moral stehe.
Nach Meinung des Abgeordneten Abdelmoneim al-Arfi habe die Erteilung der
Befugnis an das Rechnungsprüfungsamt zur Überwachung von Verträgen seit
2012 „der Korruption Tür und Tor geöffnet hat“, da das
Rechnungsprüfungsamt Bestechungsgelder oder Provisionen erhalte.
https://libyareview.com/36641/libyan-mp-accuses-foreign-ministry-of-corruption/
+ 07.08.: Finanzausschuss. Der Hohe Finanzausschuss
(HFC) hielt seine dritte Sitzung unter dem Vorsitz des Chefs der
Präsidialrats, Muhammad al-Menfi, in Bengasi ab. Alle Mitglieder waren
anwesend.
https://www.libyadesk.com/insights-/weekly-dispatch-june16-mk42n-cy788-bdgy4
+ 07.08.: Migration/Tunesien. Die libysche
Menschenrechtskommission gab bekannt, dass die Zahl der in der
Grenzregion zu Tunesien gefundenen Leichen auf zwölf gestiegen ist.
Menschenrechtsorganisationen fordern die tunesischen Behörden dringend
auf, die Abschiebung von Migranten in die Wüste zu stoppen.
https://libyareview.com/36684/migrant-death-toll-on-libyan-tunisian-border-rises/
+ 09.08.: Migration/Tunesien. Erneut wurden im Grenzgebiet zu Tunesien 27 Leichen von Migranten gefunden.
https://libyareview.com/36727/27-bodies-recovered-on-libyan-tunisian-border/
+ 09.08.: Migration/Tunesien. Die
Dabaiba-‚Regierung‘ gab bekannt, dass sie einen Konsens mit Tunesien
erzielt hat, um das Migrantenproblem im Grenzgebiet der beiden Länder zu
lösen.
https://libyareview.com/36754/libya-tunisia-reach-agreement-to-resolve-migration-crises/
+ 10.08.: Migration/Tunesien. Das Innenministerium
der Dabaiba-‚Regierung‘ hat die Evakuierung von Migranten aus dem
Grenzgebiet zwischen Libyen und Tunesien angekündigt.
https://libyaherald.com/2023/08/interior-ministry-announces-evacuation-of-illegal-migrants-on-libyan-tunisia-border-after-reaching-agreement-with-tunisia/
+ 12.08.: Migration. Auch der ‚Premierminister‘ von
Tripolis, Abdelhamid Dabaiba, spricht sich gegen eine Ansiedlung
illegaler Migranten in Libyen aus.
https://libyareview.com/36791/libyan-government-rejects-settlement-of-migrants/
+ 12.08.: Migration. Die Internationale Organisation für Migration (IOM), der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) und das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen
(UNICEF) berichteten gemeinsam, dass im Jahr 2023 über 1.800 Migranten
im Mittelmeer vermisst wurden oder umgekommen sind. Der Bericht
unterstreicht insbesondere die zentrale Rolle Libyens in dieser Krise.
https://libyareview.com/36806/un-agencies-report-on-libyas-central-role-in-migration-crisis/
Auch all diese Toten hat die Nato auf dem Gewissen durch ihren Krieg
gegen Libyen im Jahre 2011 und die Destabilisierung der gesamten
Region. All dies war voraussehbar und genau davor hatte Gaddafi gewarnt.
+ 12.08.: Folter. Die Nationale Kommission für Menschenrechte in Libyen
(NCHRL) hat das Innenministerium der Dabaiba-‚Regierung‘ für den Tod
von Mohammed ar-Ramali, einem prominenten Sportler des Yarmouk-Clubs,
während seiner Inhaftierung in der Polizeistation Mayah verantwortlich
gemacht. Ramali soll schwer gefoltert worden sein. Die
Staatsanwaltschaft wurde aufgefordert, den Tod von ar-Ramali zu
untersuchen. Der NCHRL auf die schwerwiegenden Vorwürfe von
Menschenrechtsverletzungen hin und betonte die Pflicht des
Innenministeriums, die Sicherheit seiner Bürger zu gewährleisten.
https://libyareview.com/36812/libyas-interior-ministry-criticised-over-athletes-death-in-prison/
+ 09.08.: Betrug. Der ehemalige Direktor der Sahara
Bank wurde wegen Fälschung von Buchhaltungseinträgen und Diebstahl von
1,5 Millionen LD verurteilt.
https://twitter.com/alwasatengnews/status/1689142828696252416
+ 10.08.: Brand. Im Internationalen Krankenhaus in Bengasi ist ein Großbrand ausgebrochen.
Video: https://twitter.com/alwasatengnews/status/1689659197690916864
+ 10.08.: Stromausfall. In der Hauptstadt Tripolis kam es zu einem ganztägigen Stromausfall.
https://libyareview.com/36758/power-disruption-plunges-libyan-capital-into-darkness/
Rückblick
+ Nato-Krieg. Am 8. August2011 wurde Zliten von der
Nato bombardiert. Dutzende Zivilisten, die meisten davon Frauen und
Kinder, kamen dabei um ihr Leben. Sie stammten aus Zliten und anderen
Gebieten, darunter ad-Dafniyeh, Naima, Zuda und Suk ath-Thulatha:
Fotos: https://twitter.com/SaifFuture/status/1688944279824027648
+ Muammar al-Gaddafi/CIA. „Am 2. Oktober 1986 veröffentlichte die Washington Post
eine außergewöhnliche Geschichte, die von dem legendären Journalisten
Bob Woodward geschrieben wurde: „Gaddafi Ziel eines geheimen US-Plans
der Falschinformation“ (Gadhafi Target of Secret U.S. Deception Plan).
Auf Anweisung des Weißen Hauses verbreitete der US-Geheimdienst falsche
Informationen in den US-Medien. Infolge dieses Skandals setzte sich das
Wort „Desinformation“ (disinformation) in der englischen Sprache durch.
https://inteltoday.org/2023/05/17/on-this-day-gaddafi-target-of-u-s-disinformation-october-2-1986-bob-woodward-disinformation-goes-mainstream-the-fuller-memorandum-may-17-1985/
A. Gutsche
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